Intelligentes Liquiditätsmanagement im Fokus
„Immer flüssig zu sein“ sollte die Devise eines jeden Unternehmens
lauten. Einerseits vor dem Hintergrund dynamischer Marktentwicklungen
und einer sich weiter verschlechternden Zahlungsmoral. Andererseits
steigen die gesetzlichen Anforderungen an die Liquidität der
Finanzdienstleister resultierend aus Basel III mit LCR (Liquidity
Coverage Ratio) und NSFR (Net Stable Funding Ratio).
In gleichem Maße wie Finanzdienstleister reguliert werden, achten diese
auf die eigenen Liquiditätsflüsse und geben notwendige Anforderungen an
ihre Kunden weiter. Diese sollten deshalb das eigene Risikomanagement um
die Facette Liquiditätsmanagement erweitern, um im Rahmen von
Bonitätsbeurteilungen gute Ergebnisse zu erzielen.
Die Relevanz des Themas für den Wirtschaftszweig „Handel, Instandhaltung
und Reparatur von Kfz“ ergibt sich aus der Insolvenzstatistik des
Statistischen Bundesamtes für August 2015, in der dieser Zweig eine
(traurige) Spitzenreiterrolle einnimmt [1].
Gemäß einer Studie der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG aus dem Jahr
2006 [2] treten Insolvenzen als Folge mehrerer Managementfehler auf:
* 79 Prozent der Insolvenzverwalter halten „fehlendes Controlling“ für
eine häufige Insolvenzursache
* 76 Prozent nennen „Finanzierungslücken“
* 64 Prozent sehen in einem „unzureichenden Debitorenmanagement“ einen
wichtigen Grund
Externe Faktoren verschlechtern die Situation vor und während der Insolvenz:
* 82 Prozent erkennen in der schlechten Zahlungsmoral der Kunden einen
entscheidenden Grund für die Insolvenz
Bezogen auf die Unternehmensführung und Finanzierung von
Handelsunternehmen gilt es, neben Forderungsmanagement auch effektives
Liquiditätsmanagement zu betreiben. Dies ermöglicht, Veränderungen in
den geplanten bzw. erwarteten Zahlungsströmen rechtzeitig zu erkennen,
Zahlungsfähigkeit dauerhaft sicherzustellen und das eigene Rating zu
optimieren. Gegebenenfalls lässt sich der Finanzierungsbedarf,
entsprechend der Erkenntnisse einer Studie von Roland Berger und
Creditreform aus dem Jahr 2013, durch ein optimiertes Working Capital
Management insgesamt reduzieren [3].
Das Liquiditätsmanagement ist unabhängig von Unternehmensgröße und
Branchenzugehörigkeit ein wichtiger Aspekt der Unternehmenssteuerung.
Ist nicht genügend Liquidität vorhanden, kann ein Unternehmen schnell in
Schwierigkeiten geraten. Diesem Worst-Case-Szenario sollten Unternehmen
deshalb gezielt entgegenwirken, dabei können IT-Systeme effektiv
unterstützen.
Eine systemgesteuerte, vorausschauende Liquiditätsplanung auf
Händlerseite führt zu einem besseren Kontenrating und zuverlässigen
Liquiditätsdispositionen. Insgesamt profitieren beide Parteien von einer
Win-win-Situation: Der Dialog zwischen Finanzdienstleister und Handel
verbessert sich signifikant, man managt und steuert anstatt im Rahmen
zumeist enger Grenzen zu reagieren.
Funktionsweise eines intelligenten Liquiditätsmanagementsystems (LMS)
Durch intelligente Aufbereitung von Daten und Steuerung von Prozessen
mittels sogenannter kognitiver Softwareagenten lassen sich erhebliche
Optimierungspotenziale erzielen. Folgende Aufgaben stehen im Vordergrund:
* Konsolidierung von Daten aus unterschiedlichen Vorsystemen bzw.
(teilweise manuell erstellten) Informationsquellen, die seitens des
Händlers genutzt werden (Dealer Management System,
Finanzbuchhaltung, Electronic Banking System, Internetportale zu
Finanzierungen und Leasingrückläufern, Systeme zur Vorlaufverwaltung
etc.)
* Interpretation von relevanten Wirkmechanismen zwischen den
liquiditätsbestimmenden Faktoren
* Ermittlung von Liquiditäts-Forecasts und tagesaktueller Abgleich von
tatsächlicher mit geplanter Liquidität
* Optimierung der Finanzsteuerung und gegebenenfalls des
Finanzierungsvolumens beim Händler bzw. Reduzierung des
Liquiditätsrisikos bei der finanzierenden Bank
* Beschleunigung operativer Prozesse in der Buchhaltung und im Controlling
* Steigerung der Umsatzrendite
* Senkung der Inanspruchnahme der Kreditlinie
* Einsparung von Zinskosten durch vorzeitige Ablösen
* Zusätzliche Zinseinkünfte durch geschickte Anlagestrategien
Fünf Gründe für ein intelligentes LMS:
1. Fahrzeugfinanzierungen:
Ein intelligentes LMS liefert einen taggenauen Überblick über laufende
Finanzierungen durch das Zusammenführen aller Daten aus
unterschiedlichen Informationsquellen, wie z. B. einem Dealer Management
System oder der Finanzbuchhaltung. Die Bank kennt aktuell zwar die
laufenden Finanzierungen eines Händlers, sieht aber in der Regel nicht,
welche Fahrzeuge verkauft sind. Ein professionelles LMS hingegen
integriert den Datenbestand der unterschiedlichen Informationsquellen.
Dadurch ist die Transparenz stets gewährleistet und Fehlerquellen werden
minimiert.
2. Ratenfinanzierungen / Prolongationen:
Ein LMS unterstützt den Händler in der vorausschauenden, aus den
Operativdaten abgeleiteten Liquiditätsplanung, um Ratenfinanzierungen
termingenau bedienen zu können. Insbesondere erkennt der Händler
frühzeitig etwaige Unterdeckungen und kann darauf adäquat reagieren.
Dadurch kann er frühzeitig und bedarfsorientiert mit der finanzierenden
Bank verhandeln und gegebenenfalls Prolongationen vereinbaren, was in
dieser Qualität sonst nicht möglich ist.
3. Liquiditätsübersichten:
Jeder Finanzdienstleister hat ein vitales Interesse an einer qualitativ
hochwertigen und aktuellen Finanzplanung über 30 bis 90 Tage. Diese
sollte aber auch für das Automobilhandelsunternehmen (AHU) transparent
sein, insbesondere wenn es eine (über-) regionale Filialstruktur hat.
Forecast-Rechnungen im Rahmen eines LMS erfolgen auf Knopfdruck mit
Rückgriff auf aktuelle Operativdaten, Ermittlung von üblichen
Periodizitäten und zeitlichen Verschiebungen.
4. Risikomanagement:
Ein LMS ermöglicht die fortlaufende automatische und lernende
Überwachung von Forderungsstrukturen, Fälligkeitsstrukturen,
Forderungslaufzeiten, Kundenstrukturanalysen und Bewertungen von
Zahlungsverhalten. Insbesondere ist aber die frühzeitige Erkennung von
latenten Verschiebungen der Verhältnisse zu Ungunsten des Händlers eine
wichtige Information für das AHU ebenso wie für die finanzierende Bank.
5. Prüfungszyklen im Kreditengagement:
Banken können dank eines LMS ihre Prüfzyklen verlängern, da sie
Gewissheit haben, dass die Prozesse beim Händler automatisiert überwacht
und optimierend gesteuert werden. Dies führt zu einer besseren Prüf- und
Bewertbarkeit von Krediten durch die Bank. Der Händler wiederum kann
sich auf die Einhaltung der vereinbarten Kreditlinien verlassen, was für
die finanzierende Bank eine geringere Rücksicherungspflicht und
Liquiditätsvorsorge bedeutet.
Die afb Credit Management Solution (afb-CMS)
der afb Application Services AG unterstützt
intelligente LMS wie z. B. das System InterCash
der SOFTMARK AG. In konkreten
Kundensituationen kann durch die Best-Practice-Nutzung von InterCash
sowohl im Sinne der finanzierenden Bank als auch des Autohändlers ein
effektives Liquiditätsmanagement etabliert werden.
1 Statistisches Bundesamt (2015). Beantragte Unternehmensinsolvenzen
nach Wirtschaftszweigen in Deutschland August 2015. URL:
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/11
2 Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Zentrum für Insolvenz und
Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS) (2006). Ursachen von
Insolvenzen. Gründe für Unternehmensinsolvenzen aus der Sicht von
Insolvenzverwaltern. URL:
http://www.zis.uni-mannheim.de/studien/dokumente/ursache_von_insolvenzen/414_wiko.pdf
3 Roland Berger Strategy Consultants, Creditreform (2013). Cash for
Growth 2013 – Working Capital optimieren. URL:
http://www.rolandberger.de/media/pdf/Roland_Berger_Working_Capital_Management.pdf
Dr. Mathias Künlen
Autor:
Dr. Mathias Künlen
Geschäftsführer, SOFTMARK AG